Stand: August 2022

Gendersensibel schreiben

Howto „So gendern wir bei sipgate“

tl;dr Wir schreiben ab jetzt neue, nach außen gewandte Texte gendersensibel, indem wir:

  1. Neutral formulieren oder wenn das zu ungewohnt ist, dann
  2. mit dem Doppelpunkt gendern
    1. Benutz nach Möglichkeit die Mehrzahl
      (Unsere Kund:innen fließt besser als Unser:e Kund:in)
    2. Nicht mehr als zwei doppelgepunktete Wörter hintereinander
    3. Nicht innerhalb eines Wortes zweimal gendern (z. B. Kund:innenbetreuer:innen)

Warum schreiben wir gendersensibel?

Sprache beschreibt nicht nur die gesellschaftliche Wirklichkeit, sondern gestaltet sie mit. Deshalb ist sprachliche Gleichbehandlung aller Geschlechter für eine erfolgreiche Gleichberechtigung ein wichtiger Bestandteil. Unser Anspruch ist daher, uns vom generischen Maskulinum zu lösen und alle gleichermaßen anzusprechen und sprachlich sichtbar zu machen. Wir verstehen uns als offenes, faires sowie respektvolles Unternehmen und so wollen wir auch kommunizieren – mindestens nach draußen (und gerne auch untereinander).

Geschlechtergerechte Sprache ist dabei weder super umständlich noch unnötig lang, wenn wir der passenden Strategie folgen. Natürlich braucht es aber die Bereitschaft, sich von ein paar bestehenden Formulierungsgewohnheiten zu verabschieden und mit der Sprache bewusst und kreativ umzugehen. Diese Seite soll dich dabei unterstützen.

Warum der Doppelpunkt?

Der Doppelpunkt hatte sich bei sipgate schon relativ durchgesetzt, bevor wir uns Expert:innenrat geholt haben. In einem Workshop hat der Doppelpunkt dann * und _ geschlagen, da die meisten (NICHT alle) Screenreader damit gut klar kommen und wir ihn am besten lesbar finden.

Und so geht's

In der Außenkommunikation schreiben wir seit Anfang 2021 alle neuen Texte gendersensibel, also Produktseiten, Blog, Marketingmaterial, Hilfecenter-Artikel*, Newsletter, Social Media, Chatbot, …

Am liebsten formulieren wir neutral, d.h. wir versuchen gegenderte Formulierungen zu umschiffen. Denn Sprache wandelt sich und eine neutrale Formulierung erscheint uns zukunftssicher. Wenn das nicht geht oder zu merkwürdig klingt, benutzen wir den Gender-Doppelpunkt, weil wir damit Männer, Frauen und alle dazwischen und daneben mitnehmen.

Keine Sorge, niemand erwartet Perfektion. Sprache ist viel Gewohnheit und die ändern wir gerade. Wir können unsere Texte gegenseitig auf gendersensible Sprache checken und so immer sicherer werden.

Beispiele:

  • Jeder macht mit -> ? Jede:r macht mit -> ✅ Alle machen mit
  • Du bekommst einen Paten -> ? Du bekommst ein:e Pat:in -> ✅ Jemand übernimmt die Patenschaft für dich.

 

Formulierungshilfen

Wie kann man neutral schreiben?

Nehmen wir folgenden (total okayen) Beispielsatz:

  • All unsere Mitarbeiter:innen erreichen Sie weiterhin telefonisch.

Folgende Alternativen fallen uns ein:

Überbegriff (Beispiel: Sekretariat statt Sekretär:in)

  • Das gesamte Team erreichen Sie weiterhin telefonisch.

Tätigkeit statt Mensch (Beispiel: Leitung statt Leiter:in)

  • Unseren Support erreichen Sie weiterhin telefonisch.

Partizip (Verlaufsform)

  • Alle Mitarbeitenden erreichen Sie weiterhin telefonisch.

Noch ein anderes Wort

  • Alle, die bei uns arbeiten, erreichen Sie weiterhin telefonisch.
  • All unsere Fachleute erreichen Sie weiterhin telefonisch.

Persönliche Ansprache

  • Sie erreichen uns weiterhin telefonisch.

Relativsatz (Beispiel: Wer die Ausstellung besucht statt Besucher:innen der Ausstellung)

  • … kriege ich mit unserem Beispielsatz nicht schön hin, aber kann woanders prima passen …

Trickier: Englischer Begriff

Das sieht zunächst nach einer schicken Lösung aus. Englische Wörter sind schon geschlechtsneutral, die braucht man nicht mehr gendern. Aber manche englischen Wörter sind schon so lange Teil der deutschen Sprache, dass sie sich ungegendert komisch anfühlen, z.B. Designer:in. Und wenn sich manche englischen Wörter komisch anfühlen, wenn wir sie gendern und andere, wenn wir sie nicht gendern… Wo ist dann die Grenze?

Unsere Absprache bisher:

  • Gendern: Designer:in, Manager:in, …
  • Nicht gendern: User, Developer, Scrum Master, Product Owner, Teamplayer, Coach,

Sobald dann ein Artikel oder Adjektiv davor ist, wird’s wirklich fummelig:

  • Der:die Scrum Master
  • Ein:e Scrum Master

Bei den englischen Begriffen sind wir uns innerhalb der Kommunikations-Community am wenigsten einig. Wir sind gespannt, wohin sich der Sprachgebrauch entwickelt.

 

Wie mache ich das am besten mit dem Doppelpunkt?

Wenn es irgendwie geht, benutze die Mehrzahl. Wir demonstrieren:

  • ? der:die erfahrene Reporter:in
  • die erfahrenen Reporter:innen

Die Mehrzahl funktioniert super bei Nominativ und Akkusativ. Beim Dativ ist es kniffliger:

Grammatisch korrekt, aber klingt komisch:

  • ? Sie gab den Reportern:innen Auskunft.

Grammatisch nicht korrekt, aber die Sprachgemeinschaft akzeptiert es schon:

  • Sie gab den Reporter:innen Auskunft.

Ich brauche die Einzahl! Wie mach ich den Artikel? (der:die)

Bitte versuch nochmal, es anders zu formulieren. Kannst du das, ohne den Sinn zu verfälschen?

Wer ist die Zielgruppe, Mentor:innen oder Mentees?

  • ? Der:die Mentor:in organisiert das Feedbackgespräch
  • Dein:e Mentor:in organisiert das Feedbackgespräch
  • Als Mentor:in organisierst du das Feedbackgespräch

Passt auch der unbestimmte Artikel? Oder ein anderes Wort?

  • ? Der:die Kolleg:in moderiert
  • Ein:e Kolleg:in moderiert
  • Ein Teammitglied moderiert

Nein? Komm in #communications vorbei. Wir unterstützen dich gerne!

Wenn es absolut nicht anders geht:

  • ? der:die

Finden wir nicht schön. Wir hoffen, dass sich unsere Lesegewohnheiten ändern und es sich irgendwann normal” anfühlt.

Was ist mit gendern in der Mitte des Wortes?

In der Mitte des Wortes gendern wir nicht. Wir versuchen Worte zu vermeiden, bei denen man in der Mitte gendern könnte.

  • ✅ Kundenbetreuer:in ⛔ Kund:innenbetreuer:in ⛔ Kundenbetreuer
  • ⛔ Kund:innenbetreuung ✅ Kundenbetreuung Kund:innen betreuen Betreuung der Kund:innen
  • ⛔ Benutzer:innengruppen
  • ✅ Partnerprogramm ⛔ Partner:innenprogramm
  • ⛔ benutzer:innendefiniert ✅ benutzerdefiniert

Was ist mit Umlautshift? (Arzt/Ärztin, Anwalt/Anwältin etc.)

Hier ist wieder die Mehrzahl dein Freund: Ärzt:innen, Anwält:innen. Vielleicht kannst du stattdessen auch den Arbeitsplatz nehmen, hier konkret Praxis bzw. Kanzlei.

Aaaah, so viele Doppelpunkte!

Regel: Bitte höchstens zwei Wörter mit Doppelpunkt hintereinander.

  • ⛔ ein:e erfahrene:r Kolleg:in
  • ✅ ein:e Kolleg:in mit Erfahrung
  • ✅ erfahrene Kolleg:innen
  • ✅ Kolleg:innen mit Erfahrung

Und auch nicht zu viele in einem Satz:

  • ⛔ Du bekommst eine:n erfahrene:n Scrum Master:in als Pat:in und Sparringspartner:in
  • ✅ Du bekommst erfahrene Scrum Master als Sparringspartner:innen. Eine:r davon übernimmt für dich die Patenschaft.
  • ⛔… tauscht sich im Rahmen der Mentor:inneen-Community mit den anderen Mentor:innen über den Fortschritt und Probleme seines:ihres Mentees aus
  • ✅ … tauscht sich im Rahmen der Mentor:innen-Community mit den anderen über Fortschritte und Probleme der Mentees aus

 

FAQ

Und das jetzt auf Knopfdruck umsetzen?

Keine Sorge, niemand erwartet Perfektion.

Gendersensible Sprache mag auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig sein, sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen, aber es ist eben genau das: Gewohnheit. Was sicherlich am Anfang hilft, ist ein Schulterblick von einer anderen Person. Ähnlich wie beim Check von Grammatik und Rechtschreibung können wir gegenseitig unsere Texte auf gendersensible Sprache gegenlesen.

Was ist mit bestehenden Texte?

Wir konzentrieren uns erst mal darauf, alle neuen Texte gendersensibel zu schreiben. Bei alten” Texten ist es eine Einzelfall-Entscheidung. Innerhalb einer (Web-)Seite / Artikel / Prospekt sollten die Texte einheitlich gegendert sein.

Wie spricht man das denn?

Mit einer kurzen Pause: Unsere Kolleg<Pause>innen haben hier … “ so wie in Osterei”.

Was ist mit abwechselnd generisches Maskulinum, generisches Femininum?

Lieber nicht. Das scheint eher zu verwirren.

Darf man auf die Langform ausweichen? „Kolleginnen und Kollegen”?

Lieber nicht. Das ist ein Rückfall in ein binäres System. Beim Gender-: nehmen wir mehr Leute mit. Wir denken, dass wir hier neue Gewohnheiten mitprägen können und sich eine Anrede wie Liebe Partner:innen” bald normal anfühlt.

Was bringt die Zukunft?

Sicherlich noch viele spannende Entwicklungen im Thema gendersensibel Sprache, die wir im Blick behalten und unsere Strategie anpassen, wenn es sinnvoll ist. Nicht alles wird von Anfang an perfekt sein, aber wir wollen möglichst schnell eine gendersensible Sprache bei sipgate etablieren.